Bislang wurde die Betrachtung auf ferromagnetische Stoffe (Nickel, Eisen, Kobalt) beschränkt. Jetzt wird eine Differenzierung der beschriebenen Phänomene und Modelle vor, deren Beschreibung auch Stoffe mit para- und diamagnetischen Eigenschaften umfasst.
B.1 Formen des Magnetismus (Ferro-, Para-, Diamagnetismus)
In einem Schülerexperiment kann die gut sichtbare Reaktion zwischen einem Magneten und Probematerial getestet werden. Dies führt für gewöhnlich zu einer Ergebnistabelle wie in Abbildung B1 dargestellt.
Die Kraft zwischen Magnet und Probematerial muss dabei ausreichend groß sein und beispielsweise die Reibungskräfte zwischen Gegenständen und Tischplatte überwinden, auf der die Gegenstände liegen. Kleinere Kräfte könnten ebenfalls auftauchen, die aber in diesem Experimentaufbau nicht in sichtbare Erscheinung treten. Hierfür müsste der Aufbau messtechnisch sensibler konstruiert werden. Wird beispielsweise ein kleines Plättchen aus einem der vier in der obigen Tabelle in Abb. B1 aufgeführten Materialien sehr leicht beweglich aufgehangen und außerdem ein sehr starker Magnet (z.B. Neodym-Magnete) verwendet, reichen die entstehenden Kräfte zwischen Magnet und Plättchen aus, um das Plättchen auch bei para- und diamagnetischen Materialien aus seiner Ruhelage auszulenken (siehe Abbildung B2).
Dieser sensiblere Messaufbau führt insgesamt zu den folgenden Ergebnissen:
Handelt es sich um ein ferromagnetisches Material, das nicht magnetisiert ist, kommt es zu einer gut sichtbaren Anziehung zwischen Plättchen und Magnet. Ist das Plättchen hingegen ferromagnetisch und auch magnetisiert, kommt es auf die Orientierung des Plättchens zum Magneten an. Es kann je nach Ausrichtung seiner Pole zu einer gut sichtbaren Anziehung oder Abstoßung kommen.
Wird das Plättchen hingegen nur sehr leicht angezogen (und wurde im klassischen Aufbau auf dem Tisch als „nicht-magnetisch“ klassifiziert) handelt es sich vermutlich um ein paramagnetisches Material. In paramagnetischen Materialien (wie beispielsweise Aluminium) ist ebenfalls ein magnetisches Moment auf atomarer Ebene gegeben, allerdings sehr viel geringer als das der ferromagnetischen Materialien. Im Modell der Elementarmagnete/Pfeile lässt sich das durch weniger, dünnere, schwächere oder kürzere Pfeile als beim ferromagnetischen Material darstellen (siehe Abb. B3). Aufgrund der geringeren materialeigenen magnetischen Polung kommt es in paramagnetischen Materialien auch zu keiner Ausbildung von Weiß’schen Bezirken. Ebenso bleibt die Ausrichtung der magnetischen Momente nicht bestehen, wenn das äußere magnetische Feld entfernt wird. Die magnetischen Momente innerhalb des paramagnetischen Materials richten sich also nur solange aus, wie sich der Magnet in ausreichender Nähe befindet. Danach ordnen sie sich wieder zufällig in unterschiedliche Richtungen. Es existieren darum auch keine paramagnetischen Permanentmagnete.
Wird hingegen eine leichte Abstoßung des Materials beobachtet und liegt dies nicht an einer ferromagnetischen Abstoßung, so handelt es sich um ein diamagnetisches Material wie beispielsweise Graphit (in Bleistiftmienen). In diamagnetischen Materialien sind ohne Einwirkung eines äußeren magnetischen Feldes keine magnetischen Momente vorhanden. Diese entstehen allerdings, wenn das Material einem hinreichend starken magnetischen Feld ausgesetzt wird. Dies erinnert ein wenig an Ladungsverschiebungen in einem elektrischen Feld (siehe Themengebiet Elektrischer Strom): Wird eine positive Ladung in die Nähe von einem elektrisch neutralen Gegenstand gebracht, erfahren die negativen Ladungen in diesem Gegenstand eine anziehende, die positiven eine abstoßende Kraft. In Abbildung B4 ist dies für eine kleine Metallkugel gezeigt.
Befindet sich auf der anderen Seite der Kugel auch noch eine negative Ladung, wird dieser Effekt noch verstärkt. Es liegt nun eine Trennung von negativen und positiven elektrischen Ladungen vor (vgl. Abb. B4). Ähnlich entstehen durch das äußere magnetische Feld ebenfalls magnetische Momente, wie in Abbildung B5 dargestellt ist. – Anders als bei der Ausrichtung in den ferro- und paramagnetischen Materialien ist dabei allerdings, dass diese magnetischen Momente dem äußeren Magnetfeld (oder den Polen des Magneten) entgegengerichtet sind. Im diamagnetischen Material entsteht also auf der Seite des äußeren Nordpols ein Nordpol und umgekehrt. Dies erklärt auch, warum es im Gegensatz zu den beiden anderen Formen hier zu einer Abstoßung und nicht zu einer Anziehung kommt.
Die folgenden Videos B1 & B2 zeigen noch weitere Aufbauten, die die Anziehung und Abstoßung bei para- und diamagnetischen Stoffen zeigen.
Video B1: Versuch zum Paramagnetismus bei Aluminiumspänen.
Video B2: Versuch zum Diamagnetismus bei Wasser.
Im Periodensystem der Elemente in Abbildung B6 ist farblich gekennzeichnet, welche Stoffe ferromagnetische Eigenschaften besitzen (orange), welche paramagnetische Eigenschaften aufweisen (gelb) und welche weder ferro- noch paramagnetische Eigenschaften zeigen (blau).
Bei den Ferromagnetika handelt es sich um die drei besonderen Metalle der ersten Nebengruppe (Eisen, Nickel und Kobalt). Zu den Paramagnetika gehören die meisten anderen Metalle – aber beispielsweise nicht Beryllium. Die meisten Nichtmetalle fallen in die dritte Kategorie (hier bildet wiederum der paramagnetische Sauerstoff eine Ausnahme): Sie besitzen weder ferro- noch paramagnetische Eigenschaften (also keine permanenten magnetischen Momente) und werden als Diamagnetika bezeichnet. – Streng genommen besitzen allerdings alle Stoffe diamagnetische Eigenschaften, da bei einem genügend starken äußeren Magnetfeld in allen Stoffen zusätzliche magnetische Momente erzeugt werden können. Dies wird genauer im folgenden Video auf YouTube erläutert.
Link zum Video Magnetismus hoch 4
Um die Zuordnung der Stoffe zu den einzelnen Arten des Magnetismus genauer zu verstehen hilft ein Blick in die Quantenmechanik und den atomaren Aufbau der Stoffe weiter (siehe Vertiefung quantenmechanische Erläuterungen zum Magnetismus). Verantwortlich für die magnetischen Eigenschaften eines Stoffes sind im Grundprinzip die Elektronen der einzelnen Atome. Bei der Bewegung elektrischer Ladungen werden magnetische Felder induziert (siehe Vertiefung D Elektromagnetismus). Aufgrund der Bewegung der Elektronen innerhalb der Atome entstehen daher die oben bereits genannten magnetischen Momente, die in den Modellen in Form von Elementarmagneten oder Pfeilen dargestellt werden. Ob ein Stoff (Element) in seinem Grundzustand magnetische Momente besitzt, kommt auf die Elektronenkonfiguration an. Grob gesagt können Elektronen im Atom als Elektronenpaar oder einzeln vorkommen. Im gepaarten Zustand heben sich die magnetischen Momente gegenseitig auf und es handelt sich um einen diamagnetischen Stoff. Im ungepaarten Zustand besteht in der Summe ein magnetisches Moment. Dies ist besonders stark bei der Ferromagnetika der Fall. Bei den Paramagnetika existieren schwächere magnetische Momente aufgrund einer geringeren Anzahl ungepaarter Elektronen.
Kurz & knapp:
Alle Materialien zeigen eine Reaktion auf ein äußeres Magnetfeld, beispielsweise eines Magneten. Physikalisch ist es daher nicht sinnvoll in magnetische und nicht-magnetische Materialien zu unterscheiden. Es werden vielmehr Formen des Magnetismus unterschieden: Ferromagnetische Materialien (Eisen, Nickel, Kobalt) werden von Magneten stark und paramagnetische (überwiegend Metalle) schwach angezogen. Beide verfügen bereits im Grundzustand über (unterschiedlich starke) magnetische Momente, die durch das äußere Feld ausgerichtet werden. Diamagnetische Materialien (überwiegend Nicht-Metalle) besitzen dagegen keine permanenten magnetischen Momente. In einem äußeren Magnetfeld werden in ihnen magnetische Moment induziert, die dem äußeren Feld entgegengerichtet sind. Die Materialien werden daher abgestoßen.
Aufgrund der sehr schwachen Wirkung sind paramagnetische Materialien nicht dauerhaft magnetisierbar. Verschwindet das äußere Feld, geht auch die geordnete Ausrichtung zurück. Aufgrund der nicht vorhandenen magnetischen Momente im Grundzustand sind auch diamagnetische Materialien nicht dauerhaft magnetisierbar.
Eine dauerhafte Magnetisierung und dadurch eine Überführung in einen Permanentmagneten ist nur bei Ferromagnetika möglich.
Quantenmechanische Erläuterungen zum Magnetismus
Ein Atom ist aus Neutronen und Protonen aufgebaut, die sich im (sehr kleinen) Kern des Atoms befinden, und Elektronen, die sich außerhalb des Kerns befinden und die sogenannte „Hülle“ des Atoms füllen. (Näheres dazu im Themengebiet Elektrischer Strom.) Die Elektronen befinden sich dabei alle in unterschiedlichen Zuständen, die anhand von vier Quantenzahlen beschrieben werden können. Nach dem Pauli-Prinzip können zwei Elektronen niemals denselben Zustand einnehmen, also dieselben Quantenzahlen zugeordnet bekommen. Sie müssen sich in mindestens einer Quantenzahl unterscheiden. Die vier Quantenzahlen sind die folgenden:
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- Hauptquantenzahl (n)
- Nebenquantenzahl (l)
- Magnetquantenzahl (m)
- Spinquantenzahl (s)
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Dabei beziehen sich die Haupt- und die Nebenquantenzahl auf das Orbital, dem das Elektron zugeordnet wird. Die Magnet- und Spinquantenzahl sind dagegen verantwortlich für die magnetischen Eigenschaften des Stoffes. Die folgende Tabelle in Abb. B7 gibt einen genaueren Überblick über die vier Quantenzahlen.
Das folgende Video führt in die grundlegenden Zusammenhänge der Quantenzahlen und der magnetischen Eigenschaften der Elemente ein. Allerdings führen weitere hier nicht weiter ausführbare Feineffekte zu leichten Verschiebungen, so dass die hier dargestellte Erläuterung nicht alle Feinheiten der magnetischen Eigenschaften und Zuordnungen der Elemente erklären kann.
Video B4: Magnetismus quantenmechanisch erklärt.
Alles verstanden? Auf dieser Website sind ein paar Fragen zu den behandelten Inhalten zu finden. Sie sollen dem Verständnis und einer nachhaltigen Erkenntnisgewinnung dienen.