C – Schatten

„Wo viel Licht ist, ist starker Schatten.“ ließ Goethe seinerzeit Götz von Berlichingen im gleichnamigen Drama philosophieren. Daher wird sich in diesem Abschnitt auch einmal der Abwesenheit von Licht gewidmet: dem Schatten.

Physikalisch ist es hier zur Abwechslung einmal relativ einfach. Als Schatten werden die räumlichen Bereiche bezeichnet, an denen im Vergleich zu anderen weniger Licht hingelangt, da sich Objekte zwischen diesem Raum und der Lichtquelle befinden, die das Licht nicht oder zumindest nicht vollständig hindurchlassen. Die grundlegenden Aspekte in Bezug auf Schatten sind folglich mit einfach geometrischen Überlegungen zu lösen, was sich zumindest aus Sicht von Erwachsenen und älteren Kindern als eher einfach erweist. Schwieriger ist dies hingegen für jüngere Lernende, die über ein solches geometrisch-abstraktes räumliches Vorstellungsvermögen noch nicht so ausgeprägt verfügen, die es ihnen erlaubt, Größe und Position von Schatten aus den Positionen von Lichtquelle und Gegenständen abzuleiten. Darüber hinaus verknüpfen sie mit Schattenerscheinungen teils noch weitere, vor allem zweckgebundene Aspekte. Diese wird beispielsweise deutlich an diesem Zitat einer jungen Grundschülerin:

„Den Schatten haben wir, damit wir nicht vergessen, dass es uns gibt.“

C.1 Physikalische Beschreibung von Schatten

Vom physikalischen Standpunkt aus betrachtet, kommt ein Schatten zustande, wenn das Licht einer Lichtquelle sich in alle Richtungen ausbreitet, und dabei auch auf Gegenstände fällt, die es nicht transmittieren (sondern absorbieren, reflektieren und / oder streuen). Von der Lichtquelle aus betrachtet geometrisch hinter diesen Gegenständen entsteht folglich ein Schattenraum (siehe Abbildung D1). Von den Positionen des Schattenraumes aus, ist die Lichtquelle nicht sichtbar, da der Gegenstand sie verdeckt. Der Schatten konstituiert daher den Raum ohne Licht der Lichtquelle. (Ein Übergangsfall liegt vor, wenn ein Gegenstand halbtransparent ist, also nur einen Teil des Lichtes hindurchlässt. Dann würde geometrisch hinter diesem Gegenstand ein schwächer ausgeprägter Schatten entstehen.)

Abb. D1: Schattenraum von einer Hand und einer Tierfigur auf einem Schirm.

Von einem „Halbschatten“ wird in der Regel gesprochen, wenn Licht von mehreren Lichtquellen ausgesandt wird und dabei Schatten- und helle Räume sich überlagern. Abbildung D2 zeigt dies für zwei Lichtquellen und einen Apfel. Halb- und Kernschatten spielen auch eine Rolle in der Astronomie bei der Betrachtung von Sonnen- und Mondfinsternissen. Hier kommen die Erscheinungen dadurch zustande, dass es sich bei der Sonne um eine ausgedehnte Lichtquelle handelt, die sich auch als aus vielen kleinen Lichtquellen zusammengesetzt gedacht werden kann. Daher ergeben sich auch hier Kernschattenbereiche, in die gar kein Licht der Lichtquelle hineingelangt und solche Bereiche, in die weniger Licht hineingelangt. Die Übergänge zwischen Kern- und Halbschattenbereichen sind dann im Gegensatz zu Abbildung D2 bei einer ausgedehnten Lichtquelle fließend.

(Zum Thema farbige Schatten siehe Themengebiet Licht & Farbe.)

Abb. D2: Durch zwei Lichtquellen beschienener Apfel mit Halbschatten und Kernschatten.

Ein weiteres Phänomen ist die Erscheinung mehrerer Schatten. Ein typisches Beispiel sind hierfür Schattenwürfe bei einem Fußballspiel mit Flutlichtanlage (siehe Abbildung D3).

Abb. D3: Holzfigur mit mehreren Schatten.

C.2 Typische Herausforderungen für jüngere Lernende

In typischen Tests zu Schülervorstellungen werden Lernende zum Thema Schatten beispielsweise gebeten, die durch eine Lichtquelle hervorgerufenen Schatten (Abbildung D.4) , bzw. die zu einem Schatten passend positionierte Lichtquelle auszuwählen (Abbildung D.5) oder auch einen Schatten zu einzuzeichnen (Abbildung D.6).

Abb. D4: Aufgabe Auswahl der richtigen Lichtquelle.

Abb. D5: Aufgabe Auswahl des richtigen Schattens.

Abb. D6: Aufgabe einzeichnen des Schattens bei gegebener Lichtquelle.

Im ersten Fall scheint eine Nähe der Sonne zum gezeichneten Kirchengebäude die Wahl zugunsten der mittleren Sonne zu beeinflussen, da sie auch den „stärksten Schatten werfen“ könne. Im zweiten Fall orientieren sich beispielsweise auch einige der befragten Kinder daran, welche Schattenform am besten zur Form des gezeichneten Hauses passt ohne die geometrische Positionierung zu beachten. Interessant bei Aufgaben zum eigenen Einzeichnen des Schattens ist neben der Positionierung auch die Größe. Eine Mehrzahl der Kinder neigt dazu die Größe eines Schattens stets so groß anzunehmen wie die Objektgröße selbst. Hierzu bieten sich viele explorative Experimente zum Ausprobieren an.

Video C1: Veränderung der Länge von Schatten.

Video C2: Größenverhältnisse bei Schatten.