Phänomene rund um Farben und Farbsehen
Nachdem nun die Grundlagen des Farbsehen und der Farbenlehre betrachtet wurden, können diese nun auf Phänomene des Alltags übertragen und diese besser verstanden werden.
D.1 Regenbogen
Der Regenbogen in seiner Himmelserscheinung ist eins der bekanntesten und eindrucksvollsten farbigen Alltagsphänomene. In kleinerer Form ist er aber ebenfalls – und bei genauerer Betrachtung auch ständig – im Zusammenspiel von Licht mit Glas oder Wasser zu erkennen.
Der Regenbogen ist nämlich ein Phänomen, das auf die Dispersion zurückzuführen ist, also auf die wellenlängenabhängige Brechung von Licht. Er tritt auf, wenn Licht von einem Medium wie beispielsweise Luft in ein anderes durchsichtiges Medium wie Glas oder Wasser tritt. Da der Brechungsindex von Glas und Wasser deutlich größer ist als der von Luft, wird der Lichtstrahl beim Übergang zwischen diesen beiden Medien auf seinem Weg abgelenkt (siehe Abschnitt A und Abbildung D1). Da diese Ablenkung um so größer ist, je kleiner die Wellenlänge des Lichts ist, spaltet sich das vormals weiße Licht in seine spektralen Farben auf. Dies ist im folgenden Video D1 gut zu sehen.
Video D1: Farbaufspaltung am Prisma.
Beugung und Brechung
Regenbogenerscheinungen treten auf, wenn weißes Licht nach den unterschiedlichen Wellenlängen aufgespalten wird, aus denen es zusammengesetzt ist (Farbaddition). Das kann durch zweierlei physikalische Prozesse geschehen:
- Zum einen wird das Licht beim Übergang zwischen zwei Medien unterschiedlich stark gebrochen (Dispersion). Dadurch können vor allem an Grenzflächen zu Glas und Wasser Regenbogenfarben sichtbar werden.
- Zum anderen wird Licht beim Auftreffen an feinen, regelmäßigen Strukturen wie Spalte, Gitter oder Rillen unterschiedlich stark gebeugt. Bei der Überlagerung der einzelnen Wellen (Interferenz) kommt es zu Farberscheinungen, weil die Interferenzmuster der einzelnen Lichtfarben nicht mehr genau übereinander liegen und sich darum nicht mehr zu weiß addieren. Die Farbmuster laufen auseinander und werden einzeln sichtbar. Das führt beispielsweise auch zu den farbschimmernden Oberflächen von Seifenblasen.
Beim Regenbogen am Himmel handelt es sich um die erste Variante: Das Licht beim Durchgang von Luft in Wasser (in Form von Regentropfen) und von Wasser zurück in Luft gebrochen und dabei in seine unterschiedlichen Wellenlängen aufgespalten. Aus dem weißen Licht der Sonne wird dadurch ein Regenbogenspektrum an Licht, das in das Auge des Betrachters trifft. Dazu müssen bestimmte Winkel zwischen Sonne, Wassertropfen und Beobachter gelten. Die nachfolgenden Abbildung D2 erläutert das genauer.
So betrachtet wäre es logisch, dass bei einem Regenbogen das blaue Licht oben und das rote an der Unterkante zu sehen wäre. Tatsächlich ist es aber umgekehrt. Als letztes muss daher noch bedacht werden, dass das Licht auch genau im Auge des Betrachters ankommen muss. Die in der oberen Abbildung eingezeichneten Strahlen laufen aber auseinander und können darum nicht alle beim Betrachter ankommen. Die folgende Abbildung D3 zeigt, dass dies aber für das Licht aus mehreren Tropfen gilt. Bei dieser Betrachtung wird deutlich, dass die Reihenfolge der Farben sich aus dem Licht ergibt, das von vielen Tropfen in das Auge gelangt.
Das Licht wird (mit weniger Intensität) innerhalb des Wassertropfens auch noch auf andere Weisen gebrochen und totalreflektiert. Dies führt bei guten Lichtverhältnissen zu den schwächeren Erscheinungen der Nebenregenbögen.
Aus den Zeichnungen (siehe Abb. D2 und D3) wird auch deutlich, in welcher Anordnung sich Sonne, Regenfront und Betrachter zueinander befinden müssen: Die Sonne steht in einem eher niedrigen Winkel (42o) über dem Horizont und im Rücken des Betrachters. Die Regenfront muss sich hingegen vor dem Betrachter befinden.
D.2 Chromatographie
In Abschnitt B wurde das Mischen von Farben betrachtet. Ebenso können Mischfarben auch wieder getrennt werden.
Farben mischen und trennen bei der Farbaddition
Bei der Farbaddition (siehe Abschnitt B.2) wird Lichtfarbe gemischt, in dem mehrere Lichtquellen übereinander leuchten und ihr Licht zu einem Farbeindruck addiert wird. Das so gemischte Licht lässt sich beispielsweise durch ein Prisma wieder trennen (siehe Video D1 oben und Abbildung D4)
Ein Prisma kann dabei auch als Analyseinstrument verwendet werden. Beispielsweise kann Licht gelb erscheinen, wenn es aus Licht im Wellenlängenbereich um 580 nm besteht, aber ebenso wenn es aus Licht im Wellenlängenbereich von 540 nm (grün) und 620 nm (rot) besteht (siehe Abschnitt B3).
Ein Prisma bringt hier Licht ins Dunkel, wie Abbildung D5 zeigt.
Farben mischen und trennen bei der Farbsubtraktion
Bei der Subtraktion durchläuft das Licht Materie, das bestimmte Wellenlängen absorbiert und den Rest transmittiert bzw. streut (siehe Abschnitt B.1). Dies gilt beispielsweise bei übereinandergelegten Farbfiltern oder beim Vermischen von Farbe (verschiedene Farbpartikel absorbieren unterschiedliche Wellenlängen) im Wasserglas oder auch im Filzstift. Auch diese Vermischung kann meistens durch mehr oder weniger aufwendige Verfahren wieder voneinander getrennt werden.
Eine Variante ist die sogenannte Chromatographie, mit deren Hilfe die Farbmischung in Filzstiften getrennt werden kann. Hierbei ist gut zu sehen, dass die Grundfarben der Farbsubtraktion (Cyan, Gelb, Magenta) nicht weiter zerlegt werden können, die Sekundärfarben (Rot, Grün, Blau) sehr wohl. Unter günstigen Bedingungen kann auf diese Weise sichtbar gemacht werden, dass die Mischfarben (auch Braun, Grau, Schwarz) aus Kombinationen der drei Grundfarben bestehen (siehe Video D2 und D3).
Video D2: Licht & Farbe – Chromatographie der RGB-Farben. |
Video D3: Licht & Farbe – Chromatographie schwarzer Farbe. |
D.3 Farbige Nachbilder und optische Farbtäuschungen
Im Internet kursieren viele optische Farbtäuschungen, die zu erstaunlichen Effekten führen. Es werden drei Kategorien betrachtet:
- Farbige Nachbilder, die sich auf die sogenannte Komplementarität von Farben und den Nachbildeffekt zurückführen lassen.
- Täuschungen aufgrund der räumlichen Umgebung
- Täuschungen aufgrund von Erfahrung und Sehgewohnheiten
1. Farbige Nachbilder
Komplementarität
Jede Farbe im Farbkreis besitzt auch eine Komplementär- oder Gegenfarbe (siehe Abschnitt C). Das ist die Farbe mit der subtraktiv gemischt sich der Farbeindruck schwarz und additiv gemischt sich der Farbeindruck weiß ergibt. Dies lässt sich gut nachvollziehen, wenn zwei Filter in Komplementärfarben betrachtet werden. Abbildung D6 und D7 zeigt die Absorptions-und Transmissionsbereiche für einen blauen und einen gelben Filter.
Werden nun die Filter übereinander gelegt und mit einer weißen Lichtquelle durchleuchtet, wird alles Licht absorbiert. – Der eine Teil des Spektrums durch den ersten, der andere durch den zweiten Filter (Abbildung D9).
Wird hingegen mit einer weißen Lichtquelle durch jeweils einen Filter geleuchtet und die beiden Lichtkegel übereinander gelegt, addiert sich der eine durch den ersten Filter transmittierte Teil des Spektrums mit dem anderen durch den zweiten Filter transmittierten Teil. Das Spektrum ist durch die Addition vervollständigt und das Licht erscheint weiß (siehe Abbildung D10).
Nachbilder
Wird zu lange in eine helle Lichtquelle geschaut (was für die Augen keine gute Idee ist) und die Augen danach geschlossen, erscheinen noch eine ganze Weile helle oder dunkle „Nachbilder“ der Lichtquelle. Diese Nachbilder sind darauf zurückzuführen, dass es zu einem Überreiz der Rezeptoren auf der Netzhaut gekommen ist und diese eine gewisse Relaxationszeit benötigen, um neue Informationen aufnehmen zu können. Dies kann sowohl für eine Sorte der Rezeptoren gelten als auch für mehrere. Für das Erscheinen solcher Nachbilder ist es wichtig, dass die Augen im ersten Teil nicht bewegt werden, so dass das Licht die ganze Zeit auf denselben Bereich der Netzhaut trifft.
Komplementarität + Nachbilder = Farbige Nachbilder
Empfangen einzelne Farbrezeptoren über einen längeren Zeitraum einen Reiz, kommt es zu Ermüdungserscheinungen. Wird beispielsweise für 20-30 Sekunden auf eine blaue Fläche geblickt, erhalten die S-Zapfen in dem entsprechenden Bereich der Netzhaut einen Reiz. Wird direkt danach eine weiße Fläche betrachtet, die Wellenlängen des gesamten Spektrums in das Auge streut, dann empfangen alle Rezeptoren in den für sie sensiblen Bereichen Lichtinformationen. Die S-Zapfen allerdings leiten aufgrund ihrer Ermüdung aber keinen Reiz an das Gehirn weiter. Das Gehirn erhält so die Information, dass im empfindlichen Bereich der S-Zapfen keine Strahlung empfangen wurde. – Als wäre der blaue Anteil des Lichts herausgefiltert worden. Im Ergebnis erscheint die weiße Fläche als Komplementärfarbe zu Blau: in Gelb.
Beispiele für farbige Nachbilder und optische Farbtäuschungen
Richten Sie jeweils für 20 bis 30 Sekunden einen starren Blick auf den schwarzen Punkt in der untenstehenden Abbildung. Schauen Sie direkt danach auf einen weißen Untergrund. Das Bild der Abbildung sollte nun in der Komplementärfarbe erscheinen.
Unter dem Stichwort „Nachbilder“ finden Sie viele weitere solche Abbildungen und Videos. Beispielswiese hier: https://www.youtube.com/watch?v=6nvn9pqFDvg
2. optische Farbtäuschungen aufgrund der farbigen Umgebung
Andere optische Farbtäuschungen werden durch die Farben in der unmittelbaren Umgebung hervorgerufen. Die folgende Abbildung D12 zeigt zwei verschieden farbige Kreise – scheinbar verschiedenfarbig zumindest. Denn die nächste Abbildung ohne die überliegenden Streifen offenbart: Beide Kreise haben dieselbe Farbe.
3. Beispiel von optischen Farbtäuschungen aufgrund von Erfahrung und Sehgewohnheit
Auch unsere Sehgewohnheiten und Farben spielen uns manchmal einen Streich in Bezug auf Farben und Helligkeiten. Die folgende Abbildung D13 zeigt ein solches Beispiel. Welche der beiden Flächen ist die dunklere?
Werden verwirrende optische Informationen ausgeblendet wird deutlich: Beide Flächen sind exakt gleich dunkel.
Eine weitere Variante ist hier genauer beschrieben:
Alles verstanden? Auf dieser Website sind ein paar Fragen zu den behandelten Inhalten zu finden. Sie sollen dem Verständnis und einer nachhaltigen Erkenntnisgewinnung dienen.