B – Wasser und seine besondere Struktur

In Abschnitt C wird eine Auswahl der besonderen Eigenschaften von Wasser betrachtet, die sich als Konsequenzen aus der Struktur und Bindung der Wasserstoffmoleküle ergeben. Dazu gehören:

      • die Kristallstruktur von Eis (siehe Konsequenz 1)
      • die Dichteanomalie (siehe Konsequenz 2)
      • die hohe Oberflächenspannung und Kohäsion (siehe Konsequenz 3)
      • sehr hohe Schmelz- und Siedetemperaturen (siehe Konsequenz 4)
      • eine hohe Wärmekapazität (siehe Konsequenz 5)
      • besondere optische Eigenschaften

In diesen und weiteren Eigenschaften nimmt Wasser gegenüber sämtlichen anderen Stoffen eine Sonderstellung ein. Dies ist hauptsächlich auf drei grundlegende Aspekte der Struktur von Wasser auf der molekularen Ebene zurückzuführen:

      • die winklige Anordnung der Wasserstoff- und Sauerstoffatome zueinander im Wassermolekül (Struktur) (siehe Abb. B1)
      • die Verteilung der elektrischen Ladungen innerhalb der Molekülstruktur (Polarität) (siehe Abb. B5)
      • die Verbindung zwischen Wasserstoffmolekülen untereinander in Form von Wasserstoffbrücken (Stabilität) (siehe Abb. B3 und B6)

Diese Aspekte werden im Folgenden genauer betrachtet.

B. 1 Winklige Struktur des Wassermoleküls


Video B1: Struktur und Aufbau des Wassermoleküls.

Jedes Wassermolekül besteht aus einem Sauerstoffatom und zwei Wasserstoffatomen. Wasserstoff befindet sich im Periodensystem der Elemente an erster Stelle (Ordnungszahl 1). Es besitzt ein Proton und ein Elektron. Ein Sauerstoffatom besitzt acht Protonen und acht Elektronen (Ordnungszahl 8). Es findet sich in der 6. Hauptgruppe. Im Schalenmodell betrachtet bedeutet das, es verfügt über zwei Elektronen auf der inneren und damit abgeschlossenen Schale und sechs Elektronen auf der zweiten, noch nicht vollständig gefüllten Schale. Bezeichnet werden die sechs Elektronen auf der äußeren Schale auch als „Valenzelektronen“.

Abb. B: Schematische Darstellungen nach dem Schalenmodell von: a) einem Wasserstoffatom. b) einem Sauerstoffatom. c) einem Wassermolekül. Blaue Kreise stellen die negativ geladenen Elektronen dar. In Orange sind die positiv geladenen Atomkerne dargestellt. Die Löcher auf der jeweils äußeren Schale representieren die für eine Edelgaskonfiguration noch benötigten Elektronen. Eingekreist sind jeweils zwei Elektronen, die ein Elektronenpaar bilden. 

Um die zweite Schale ebenfalls zu füllen, wären zwei weitere Elektronen notwendig. Auch das Wasserstoffatom hat eine nicht vollständig gefüllte erste Schale, hier „fehlt“ noch ein weiteres Elektron. Elektronen bilden beim Auffüllen der Schalen außerdem Paare. (Um dies zu verstehen, hilft das Orbitalmodell weiter, in dem die Schalen wiederum in einzelne Orbitale aufgeteilt werden, die jeweils zwei Elektronen aufnehmen können.)

In Molekülen binden sich nun mehrere Atome aneinander und bilden gemeinsame Elektronenpaare. Im Fall des Wassermoleküls teilen sich Wasserstoff und Sauerstoff jeweils zwei Elektronen des Sauerstoffatoms und jeweils eins der beiden Wasserstoffatome. Auf diese Weise der Elektronenpaarbindung erreichen alle drei Atome eine Art „Edelgaskonfiguration“, das bedeutet, dass alle Schalen (oder zugehörigen Orbitale) vollständig besetzt sind.

Die winkelige Anordnung des Moleküls (vgl. Abb. B1) kommt nun dadurch zustande, dass die beiden weiteren Elektronenpaare des Sauerstoffs ebenfalls in zwei Richtungen Platz einnehmen. Hierdurch erhält es eine tetraederförmige Struktur im dreidimensionalen Raum (siehe Abb. B2).


B.2 Polarität des Wasserstoffmoleküls


Video B2: Polarisation des Wasserstoffmoleküls.

Abb. B4: Wassermolekül mit freien Elektronenpaaren (Orbitalwolke).

Elemente verfügen außerdem über eine unterschiedlich stark ausgeprägt Eigenschaft, Valenzelektronen an sich binden zu können. Hier wird von der Elektronegativität gesprochen. Wasserstoff besitzt eine eher geringe Elektronennegativität, Sauerstoff eine eher hohe.

(Hier hinter steckt eine allgemeine Regel der Elemente im Periodensystem: Elemente auf der rechten Seite des Periodensystems mit fast vollständig gefüllten Schalen – wo also nur noch ein oder zwei Elektronen zur vollständigen Schale „fehlen“ – besitzen allgemein eine eher hohe Elektronegativität. Elemente auf der linken Seite hingegen mit nur wenigen Elektronen auf der Valenzschale – wo also ein bis zwei Elektronen abgegeben werden müssten, um die darunterliegende vollständige Schale „freizulegen“ – besitzen eine eher geringe Elektronegativität.)

Der Sauerstoff zieht also die beiden gemeinsamen Elektronenpaare stärker zu sich und wird dadurch leicht negativ geladen. Die Wasserstoffatome wiederum werden durch die Ladungsverschiebung leicht positiv geladen. Aufgrund dieser ungleichen Verteilung der elektrischen Ladungen ist Wasser ein polarisiertes Molekül. In der tetraederförmigen Struktur des Moleküls ist eine Seite (die der freien Elektronenpaare auf Seiten des Sauerstoffatoms) also negativ geladen, die Seite der Wasserstoffatome positiv geladen (vgl. Abb. B5).


In Schulbüchern und in den Medien sind verschiedene Darstellungen von Wasser als Molekül zu finden. Hier sehen Sie Beispiele als Zeichnung, als zusammensteckbares Molekül im Baukasten oder als chemische Strukturformel.

B. 3 Stabilität der Bindungen des Wassermoleküls

Abb. B7 Ikonisch-anthropomorphe Darstellung von kleinen Männchen als Wassermoleküle.

Vor allem im Grundschulbereich lässt sich außerdem oft eine ikonisch-anthropomorphe Darstellung von kleinen Männchen als Wassermoleküle finden. Dabei stellen in dem hier gezeigten Bild die Füße der Männchen die beiden Wasserstoffatome dar, der Bauch das Sauerstoffatom und die Arme die beiden Elektronenpaare des Sauerstoffs.

Hier wird nun dargestellt, wie die Moleküle untereinander Bindungen eingehen: Die negativ und positiv polarisierten Seiten der Moleküle ziehen sich wechselseitig elektrostatisch an. Dies wird als „Wasserstoffbrücken“ bezeichnet.

In der Abbildung unten ist dies schematisch und räumlich korrekter dargestellt.

Abb. B8 Wassermoleküle und Wasserstoffbrückenbindungen zwischen diesen.

Aufgrund der Polarisation der Moleküle sind diese Bindungen relativ stabil. (Hinzu kommen noch als Bindungskräfte noch Dipolkräfte und Van-der-Waals-Kräfte.) Wassermoleküle halten im Vergleich viel stärker zusammen als beispielsweise CO2-Moleküle bei einer ähnlichen Zusammensetzung von Atomen.